Bandscheibenvorfall an der Lendenwirbelsäule (

Allgemeines

Die Bandscheiben der Wirbelsäule übt eine Art Stossdämpferfunktion aus und dient der Elastizität und der Beweglichkeit der Wirbelsäule. Bandscheiben bestehen grob aus zwei Teilen, dem Faserring (Anulus fibrosus) aussen und dem Gallertkern (Nucleus pulposus) innen. Gemeinsam mit den Wirbelkörpern und den kleinen Zwischenwirbelgelenken sorgen sie für die Beweglichkeit der Wirbelsäule und gleichzeitig für deren Stabilität.
 

 
 
Ein sogenannter Bandscheibenvorfall entsteht durch einen Riss im äusseren Faserring, welcher dann den Gallertkern nicht mehr zurückhalten kann. Die Folge ist das Austreten des Gallertkerns meist Richtung Nervenkanal (Spinalkanal). Dies wiederum kann zum Einklemmen eines Nervs führen mit entsprechenden Beinschmerzen.

Bei einer Protrusion der Bandscheibe handelt es sich lediglich um eine Vorwölbung, welche je nach Lokalisation und Ausprägung ebenfalls zu Beschwerden führen kann. 

Nur in seltenen Fällen kommt es zum akuten Einreissen des äusseren Faserrings und damit zum Bandscheibenvorfall. Meistens ist der Faserring chronisch vorgeschädigt. Eine solche Abnutzung kann durch Überbelastung oder durch lokale Minderernährung auftreten. Dann braucht es nur eine falsche Bewegung, welche zum Einreissen des Faserrings führt und den Gallertkern heraustreten lässt.
 
 

 
 
Ursachen oder Risikofaktoren des Bandscheibenvorfalls:

  • genetische Disposition
  • einseitige Belastung, Sitzen
  • Schwangerschaft
  • Bewegungsmangel, Fehlhaltung
  • Übergewicht
  • Rauchen

Ist es zu einem Einreissen der Bandscheibe gekommen wölbt sich ein Teil der Bandscheibe vor. Hierbei können Nerven gereizt werden, die dann in Abhängigkeit der Lokalisation des Vorfalls die typischen, elektrisierenden Beinschmerzen verursachen. Bei besonders ausgeprägten Vorfällen kann es sogar zu Lähmungserscheinungen, unwillkürlichem Abgang von Wasser und Stuhlgang kommen.

Die allermeisten Vorfälle ereignen sich an der Lendenwirbelsäule und an der Halswirbelsäule, die Brustwirbelsäule ist sehr selten betroffen.

Am häufigsten tritt ein Bandscheibenvorfall in der Lendenwirbelsäule zwischen dem 4. und 5. Lendenwirbel und dem 5. Lendenwirbel und dem Steißbein auf (sog. Segmente L4/L5 und L5/S1).

Um die Diagnose eines Bandscheibenvorfalls zu stellen, ist neben der Leidensgeschichte die körperliche Untersuchung von besonderer Bedeutung. Als bildgebende Diagnostik kommen neben dem normalen Röntgen, die Magnetresonanztomographie (MRI oder Röhre). Vor allem mit der 

Magnetresonanztomographie (MRI) können Bandscheibenvorfälle sehr gut sichtbar gemacht werden. Auch kann damit die Gefährlichkeit in Bezug auf mögliche Lähmungen gut beurteilt werden.
 
 

Bandscheibenvorfall der LWS auf Höhe des Segmentes L5/S1

 
 
Konservative Therapie bei Bandscheibenvorfällen

Nicht jeder Bandscheibenvorfall muss operiert werden! Bei fehlender Lähmung sollte zunächst die konservative Therapie begonnen werden. Durch die Behandlung mit schmerz- und entzündungshemmenden Mitteln und gleichzeitiger Vermeidung von schwerer körperlicher Arbeit kann oftmals eine deutliche Schmerzreduktion erzielt werden. Bettruhe ist nach neusten Studien nicht mehr angezeigt.

 

Eine sogenannte Infiltrationsbehandlung kann bei starken Schmerzen den Krankheitsverlauf erheblich verkürzen. Dabei wird eine feine Nadel unter Röntgenkontrolle eingebracht und präzise an den Bandscheibenvorfall respektive an den zu behandelnden Nerv platziert und ein gebundenes Kortison direkt an den Krankheitsort gespritzt. Durch die hohe örtliche Konzentration des sehr stark entzündungshemmenden Kortisons kommt es zur Abschwellung der eingeengten Umgebung und des Nerven selbst. Dies wiederum kann den Heilungsverlauf beschleunigen und rasch zur Schmerzminderung beitragen.
 
 

 
 
Ist die Akutphase abgeklungen und die Schmerzen deutlich rückläufig, kann mit der entsprechenden physiotherapeutischen Behandlung begonnen werden. Hier soll vor allem die bauch-, becken- und rückenstabilisierende Muskulatur gekräftigt werden. Ein weiteres wichtiges Ziel ist für Sie das Erlernen der Rückenschule.
 
 

 
 
Sollte Sie trotz der oben genannten konservativen Massnahmen nicht innert 6 Wochen schmerzfrei sein, muss das Therapiekonzept überarbeitet werden. Bei länger dauernden Schmerzen gehen Sie ein erhebliches Risiko einer Schmerzchronifizierung ein. Sobald sich ein sogenanntes Schmerzgedächtnis durch die chronischen Schmerzen eingestellt hat, ist dies nur sehr schwierig wieder rückgängig zu machen.

 

Treten im Verlauf zusätzliche neurologische Symptome wie Muskelschwäche und Taubheitsgefühl auf oder sind die Schmerzen nicht beherrschbar, ist gemeinsam mit dem Patienten die operative Therapie zu besprechen.

 

Grundsätzlich sollte bei folgender Konstellation eine Operation in Betracht gezogen werden:

  • auftretende Lähmung
  • Stuhl- und / oder Urininkontinenz
  • rasch sich weiterentwickelndes Taubheitsgefühl
  • mit konservativen Massnahmen nicht beherrschbare Nervenschmerzen
  • über 6 Wochen dauernde Nervenschmerzen

Operative Therapie

Die mikrochirurgische Operation des Bandscheibenvorfalls erfolgt über einen kleinen 3 - 5 cm messenden Hautschnitt am Rücken. Mit speziellen Spreizern kann die Muskulatur weggehalten werden, damit der Zugang zum Bandscheibenraum frei bleibt. Mithilfe eines Operationsmikroskops ist ein millimetergenaues Arbeiten möglich. Dies nennt man minimalinvasive Chirurgie oder Schlüssellochchirurgie. Nach teilweise entfernen des gelben Ligaments wird der komprimierte Nerv aufgesucht. Dieser wird mit einem Retraktor samt der Hirnhaut zur Mitte hin weggehalten. Darunter kommt Regel der Bandscheibenvorfall zum Vorschein. Dabei wird in der Regel nur der ausgetretene Gallertkern entfernt und der eingeklemmte Nerv befreit. In seltenen Fällen muss die Bandscheibe von restlichem Gallertmaterial gesäubert werden.
 
 

 
 
Nachbehandlung:

Nach der Operation dürfen Sie noch am gleichen Tag Aufstehen und einige Schritte gehen. Auch sitzen ist erlaubt. Sie sind zwischen zwei und vier Tagen im Spital. Von unserer Physiotherapie werden Sie über rückengerechtes Verhalten im Alltag instruiert.

Um Ihnen am Anfang mehr Halt im Lendenbereich zu geben, sollten Sie ein Lendenmieder tagsüber für die ersten 5-6 Wochen tragen. Ferner sollten Sie zu Hause regelmässige Spaziergänge von anfänglich 3x15 Minuten unternehmen und diese steigern auf 3x60 Minuten. Dies ist ein zentraler Bestandteil Ihrer Rehabilitation, damit Ihre Rückenmuskulatur fit bleibt.
 
 

 
 
Sportliche Aktivitäten oder intensive Physiotherapie dürfen Sie erst nach 8 Wochen dürchführen. In der ersten Zeit können Sie Radfahren und Schwimmen. Joggen ist grundsätzlich weniger gut für den Rücken. Tennis, Skifahren oder Golfen ist bei relativer Beschwerdefreiheit nach 3 Monaten wieder möglich.
 
 

 
 
Eine Wiederaufnahme der Arbeit hängt stark von Ihrem Beruf ab. Bei einer leichten körperlichen Arbeit ist eine teilweise Arbeitsaufnahme nach 4 bis 6 Wochen möglich. Bei Patienten mit starker körperlicher Belastung kann diese Zeit bis zu 2 Monate betragen.
 
 

 
 
Risiken

Komplikationen treten dank der Operationstechnik mit dem Mikroskop selten auf.

In etwa 1% der Fälle kommt es zu einer Wundinfektion, die meist erfolgreich mit einer Wundspülung und Antibiotika behandelt werden kann. Da eingeengte Nerven befreit werden müssen, können diese bei der Freilegung auch verletzt werden. In vielen Fällen erholt sich der Nerv wieder, nur selten kommt es zu einer bleibenden Schwäche. Sehr selten kann eine Nachblutungen zu einer Kompression von Nerven mit Lähmungserscheinungen (Schwäche des Fusses, des Beines oder der Blasen-, Mastdarmfunktion) führen. Dann muss der Spinalkanal wieder eröffnet werden und der Bluterguss entfernt werden. Wird bei der Freilegung des Wirbelkanals die Rückenmarkshaut verletzt, tritt Hirnflüssigkeit aus (Liquorleck). In der Regel wird eine solche Verletzung während der Operation erkannt, entsprechend versorgt und bleibt für die Patienten ohne Folgen. In sehr seltenen Fällen muss durch eine erneute Operation das Leck nochmals abgedichtet werden. In 10% der Fälle kommt es zu einem erneuten Bandscheibenvorfall (Rezidiv) an gleicher Stelle, was meist eine nochmalige mikrochirurgische Operation erfordert.
 
 

 
 
Erfolgsaussichten

Bei strenger Indikationsstellung kann bei einer Diskushernienoperation an der Lendenwirbelsäule in 80% der Fälle ein gutes bis sehr gutes Resultat erreicht werden, d.h. die Schmerzverbesserung beträgt mehr als 75%. Die Beinschmerzen sind in 80–90% unmittelbar nach der Operation weg oder zumindest deutlich besser. Die Gefühlsstörung und die motorische Schwäche können durchaus noch über mehrere Monate bleiben. Je nach Ausprägung vor der Operation erholen sich diese in 70–80% vollständig. Vorgängige Rückenschmerzen werden in der Regel durch die mikrochirurgische Operation nicht verbessert. Leichte Rückenschmerzen können zurückbleiben. In der Regel brauchen Sie keine Schmerzmedikamente mehr, sind wieder arbeitsfähig und nicht wesentlich in Ihrer Freizeitaktivität eingeschränkt.