Osteosynthese bei Frakturen des Unterarmes

Der Unterarm besteht aus Elle (Ulna) und Speiche (Radius). Spricht man von einer Unterarmfraktur, so sind beide Knochen gebrochen. Eine isolierte knöcherne Verletzung von Ulna oder Radius ist aber ebenso möglich. Frakturen beim Erwachsenen entstehen hier überwiegend durch eine direkte Gewalteinwirkung, meist durch Stürze, Einklemmungen oder Quetschungen. Eine sogenannte Parierfraktur kommt im Rahmen einer Abwehrhaltung des Unterarmes zustande, ein direkter Anprall führt hier zu einem Bruch der Ulna.

Hohe Gewalteinwirkung im Rahmen von Arbeits- oder Verkehrsunfällen können beim Erwachsenen zu Unterarmfrakturen führen, hingegen kommen diese bei Kindern beim Sport oder Spielen vor. Im Kleinkind-Jugendalter zählen Unteramfrakturen zu den häufigsten knöchernen Verletzungen, im Erwachsenenalter sind sie eher selten. Über die Hälfte der Frakturen betreffen Radius und Ulna im mittleren Drittel des Unterarmes. Männer sind wesentlich häufiger betroffen.


Die schmerzhafte Bewegungseinschränkung und Fehlstellung des Unterarmes sind typische klinische Zeichen. Nach Überprüfung der Durchblutung, Motorik und Sensibilität (soweit möglich) erfolgt zunächst die Röntgenbildgebung des Unterarmes. Angrenzende Gelenke sollten immer mit abgebildet sein, um hier mögliche Begleitverletzungen auszuschliessen.


Im Kleinkind-Jugendalter wird die überwiegende Mehrzahl dieser Frakturen konservativ behandelt, im Erwachsenenalter dagegen eher selten (stabil, nicht verschoben). Die operative Versorgung dieser Frakturen mit einer Plattenosteosynthese stellt beim Erwachsenen die Therapie der Wahl da. Drähte / Nägel, welche in den Knochen vorgeschoben, werden sind bei Erwachsenen nicht stabil genug. Liegt begleitend ein ausgeprägter Weichteilschaden vor, so ist zunächst die Stabilisierung mit einem äusseren Schrauben-Stabsystem nötig, damit die Weichteile sich erholen können. Dieser  Fixateur externe ermöglicht es, den Bruch über sehr kleine Schnitte zu stabilisieren. Bei Kindern werden jedoch überwiegend intramedulläre Nägel (TEN) angewandt.

 

Beispiel eines handgelenksnahen Bruches der Elle (Firma Depuy Synthes) und Beispiel einer Speichenfraktur (Depuy Synthes)

 

Distale Radiusfraktur

 

Die distale Radiusfraktur gehört zu den häufigsten Frakturen überhaupt, beim Erwachsenen macht sie etwa 25% aller Frakturen aus. Distal beschreibt hier das untere, handgelenksnahe Ende des Radius. Die Frage, ob ein solcher Bruch operiert werden muss oder ob ein konservatives Vorgehen möglich ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab. So spielen bei der Entscheidungsfindung unter anderem folgende Kriterien eine Rolle: die Bruchmorphologie, das Alter des Patienten, der Aktivitätsgrad, der Beruf, dominante oder adominante Hand betroffen. Prinzipiell kann man sagen, dass die Freigabe des Gelenkes mit entsprechenden physiotherapeutischen, ergotherapeutischen Übungsbehandlungen schneller möglich ist als bei der konservativen Therapie.

 

Bei handgelenksnahen knöchernen Verletzungen ist zunächst wichtig zu wissen, ob der Bruch ausserhalb des Gelenkes verläuft, es sich um eine partielle oder komplette Gelenksfraktur handelt. Der typische Unfallmechanismus beim Kind und Erwachsenen ist der Sturz auf die Hand. Seltener kommt es zu direkten Gewalteinwirkungen im Rahmen von Arbeitsunfällen. Bei der klinischen Diagnostik ist neben der Frage einer möglichen Fehlstellung, die teilweise sehr ausgeprägt sein kann, die Beurteilung des Gefäss-Nervenstatus von Bedeutung. Zunächst kommt die Röntgenbildgebung zur Anwendung. Bei Trümmerbrüchen oder dem Verdacht auf eine weitere Verletzung, beispielsweise der Handwurzelknochen, ist die Computertomographie (CT) die Methode der Wahl.

Nicht oder nur unwesentlich verschobene Frakturen, die stabil sind, können konservativ therapiert werden. Ebenso zählt die Reposition, also das Wiedereinrichten der Fraktur, zur konservativen Therapie. Hierbei wird das körperferne Fragment unter entsprechender Schmerztherapie manuell an seinen ursprünglichen Ort „gedrückt". Im Anschluss wird der Unterarm «ruhiggestellt», dies meist für 6 Wochen mit regelmässigen Röntgenkontrollen, um ein mögliches Abrutschen der Fraktur rechtzeitig erkennen zu können. Liegt begleitend ein entsprechender Weichteilschaden vor so kann die Fixation über einen sogenannte Fixateur externe erfolgen.

 

Fixateur externe / äusseres Gestell (Depuy Synthes)


Als mögliche Komplikationen der konservativen Therapie sind neben dem erneuten Abrutschen (sekundäre Dislokation) im Gipsverband, das Auftreten eines Karpaltunnelsyndroms (Nervenengpass) oder ein regionales Schmerzsyndrom möglich.

 

Instabile Frakturen und Frakturen mit Gelenkbeteiligung sollten eher operativ versorgt werden. Ziel ist hier die anatomische Reposition und sichere Retention. Als mögliche Osteosyntheseverfahren können Schrauben, Drähte oder Platten verwendet werden.

 

Eines der gängigsten Op-Verfahren stellt die sogenannte volare (Zugang am Handgelenk von der Handinnenfläche betrachtet), winkelstabile Plattenosteosynthese dar. Hierbei handelt es sich um spezielle, anatomisch vorgeformte kleine Plattensysteme. Bei der dorsalen Osteosynthese erfolgt der Zugang von der Handrückenfläche aus. Mit Hilfe dieser modernen Implantate ist es möglich auch im osteoporotischen Knochen eine sichere, stabile Osteosynthese zu erzielen. Der grösste Vorteil gegenüber der konservativen Therapie ist, dass unmittelbar postoperativ damit begonnen werden kann das Handgelenk aktiv zu beüben. Abstützende Bewegungen oder das Tragen von Lasten sollte mindestens für die ersten 6 Wochen vermieden werden.

 

Winkelstabile Osteosynthese (Depuy Synthes)