Osteosynthese bei Frakturen des Ellenbogengelenkes / Radiuskopf
Knöcherne Verletzungen des Ellenbogengelenkes stellen nicht zuletzt wegen der komplexen Anatomie eine Herausforderung an die Qualität der Versorgung dar. Der Ellenbogen besteht funktionell aus drei Einzelgelenken, welche von einer Gelenkkapsel umgeben werden. Die gelenkbildenden knöchernen Strukturen werden von dem Oberarm (Humerus), der Elle (Ulna) und der Speiche (Radius) gebildet. Der komplexe Aufbau ermöglicht Dreh- und Scharnierbewegungen. Als Ursache kommen meist Verletzungen in Frage, die direkt oder indirekt eine hohe Kraft aufbringen, wie es im Rahmen von Verkehrs-, Sport- oder Arbeitsunfällen der Fall ist. Grob unterteilt werden die Frakturen in ellenbogengelenksnahe Brüche, der Gelenkblock ist intakt oder in sogenannte intraartikuläre Frakturen, hier verläuft der Bruch durch das Gelenk. Zudem kommen aufgrund der dünnen Weichteildecke zum Teil gravierende Weichteilschäden vor. Beim Erwachsenen sind diese Frakturen eher selten. Beim Kleinkind, Jugendlichen hingegen sind die suprakondylären Frakturen sehr häufig.Bei der klinischen Untersuchung ist unbedingt auch der Gefäss-Nervenstatus zu beurteilen. Es folgt radiologische Diagnostik (Röntgen, Computertomographie bei intraartikulären Frakturen). Bei unauffälliger Bildgebung (Röntgen, CT) muss an reine Kapsel-Bandläsionen gedacht werden, gegebenenfalls ist zusätzlich die Magnetresonanztomographie (MRI) anzustreben. In der Mehrzahl der Fälle werden diese Frakturen operativ versorgt. Stabile, unverschobene Brüche sind selten. Als konservative Therapieoptionen kommen Gipsverbände oder funktionelle Verbände in Frage. Zwischen der konservativen und operativen Therapie steht hier der Bewegungsfixateur zur Verfügung. Der Oberarm wird gegen den Unterarm stabil über ein Scharnier fixiert, Beugen und Strecken sind so in einem gewissen Ausmass möglich.
Allen operativen Massnahmen ist gemeinsam eine stabile Situation herbeizuführen, die es dem Patienten ermöglicht früh mit physiotherapeutischen Übungen zu beginnen. Zudem müssen die achsgerecht anatomischen Verhältnisse wiederhergestellt werden. Je nach Frakturmorphologie kommen Platten- und Schraubenosteosynthesen einzeln oder auch als Doppelplattenosteosynthese zum Einsatz.
Luxation des Ellenbogengelenkes (Auskugelung)
Mit ca. 20% aller Luxationen ist das Ellenbogengelenk am zweithäufigsten nach dem Schultergelenk betroffen. Hauptunfallmechanismus ist hier der Sturz auf den gestreckten oder leicht gebeugten Arm. Beim Kleinkind kommt es durch den ruckartigen Zug an der Hand zu einer Subluxation des Radiuskopf, man spricht hier dann von der «Pronation dolorosa Chassaignac» (siehe Kindertraumatologie)
Im Erwachsenenalter kommt es häufig zu knöchernen Begleitverletzungen, so ist beispielsweise das Radiusköpfchen zu 50% der Fälle mit betroffen. Nach entsprechender klinischer Untersuchung und radiologischer Bildgebung erfolgt das Repositionsmanöver mit Zug und Gegenzug unter adäquater Schmerztherapie. Ist die Reposition erfolgt, sollte zudem kontrolliert werden, ob eine Instabilität vorliegt. Eine operative Versorgung ist erforderlich bei nicht reponierbaren Luxationen, offenen Luxationen (Knochen ist sichtbar), Gefäss- und Nervenverletzungen sowie Ellenbogenluxationsfrakturen.
Frakturen des Olecranon
Als Olecranon wird der obere knöcherne Teil der Elle (Ulna) bezeichnet, der mit dem Oberarm das Scharniergelenk bildet. Im Erwachsenenalter sind diese Verletzungen häufig. Sie können isoliert oder als Kombination einer Ellenbogenfraktur auftreten. Meist tritt sie als Folge eines dirketen Traumas, also Sturz auf den gebeugten Ellenbogen auf. Da am Olecranon die Sehne des Armstreckers (M. triceps brachii) ansetzt, sind diese Frakturen meist verschoben und bedürfen einer operativen Therapie. Handelt es sich um eine einfache Fraktur, erfolgt die Versorgung in der Mehrzahl der Fälle über eine sogenannte Zuggurtungsosteosynthese. Hierbei werden Zugkräfte in Druckkräfte umgewandelt. Eine frühe Mobilisierung des Ellbogens ist mit dieser Versorgung gegeben. Mehrfragmentäre Brüche werden mit speziellen, winkelstabilen Plattensystemen versorgt.
Beispiel für eine Zuggurtungsosteosynthese der Elle (rechts)
Frakturen des Radiusköpfchens
Als Radiusköpfchen wird der obere knöcherne Teil der Speiche bezeichnet. Zum einen geht es mit dem Humerus (Oberarmknochen) eine Gelenkverbindung ein, das Oberarm-Speichengelenk und ist an der Scharnierbewegung beteiligt. Zum anderen bildet es mit der Ulna (Elle) das Ellen-Speichengelenk (PRUG). Hier ist es an Drehbewegungen (Pronation, Supination) des Unterarmes beteiligt. Frakturen werden auch hier in extraartikuläre (Radiushalsfrakturen) und intraartikuläre Frakturen (Mason Frakturen) eingeteilt. Je nach Frakturmorphologie kommen konservative Massnahmen in Betracht, eine etwa 10-tägige Ruhigstellung in einer Oberarmschiene. Operativ sind spezielle Miniplatten und Schraubensysteme anwendbar. Sollte die Gelenkfläche nicht rekonstruierbar sein, ist nach Entfernung der Fragmente des Radiusköpfchens hier eine Versorgung mit einer Radiusköpfchenprothese indiziert. Dies ist jedoch selten der Fall.
Frakturen des Processus Coronoideus / Kronenfortsatzes
Der Processus coronoideus stellt im seitlichen Strahlengang die vordere knöcherne Begrenzung der Ulna gegenüber dem Oberarm dar. Er ist somit ein wichtiger Stabilisator und verhindert das Gleiten des Oberarmes nach vorne. Zudem setzt hier der vordere Anteil des medialen Seitenbands sowie die vordere Gelenkkapsel an. In etwa 10% der Fälle ist er im Rahmen einer Elllenbogenluxation (Auskugelung) mitverletzt. Die Einteilung (nach Regan und Morrey) bezieht sich darauf wie viel Prozent beteiligt sind. Ab ca. 50% wird die operative Therapie mit entsprechender Refixation empfohlen.